
von Dr. med. Konstantin Wagner
17.10.2023
Brustkrebs - Vorsorge & Früherkennung
Zum Abschluss der Themenwoche Brustkrebs schauen wir uns an, wie die Brustkrebsvorsorge aussieht, wer ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs hat und damit Anspruch auf eine intensivierte Vorsorge und zum Abschluss noch ein paar Tipps und Empfehlungen, wie du dein Brustkrebsrisiko selbst beeinflussen kannst.
Brustkrebs-Vorsorge, oder besser Früherkennung:
In Deutschland gibt es ein gesetzliches Programm zur Früherkennung von Brustkrebs. Hintergrund ist die Tatsache, dass ein früh entdeckter Brustkrebs in der Regel sehr gut heilbar und die Therapie meist weniger belastend ist.
Die Teilnahme ist freiwillig und die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.
Zur Brustkrebs-Früherkennung gehören:
- Eine ärztliche Tastuntersuchung von Brust und Lymphabflusswegen/ Achselhöhle ab 30 Jahren 1x/ Jahr
- Eine Anleitung zur Selbstuntersuchung ab 30 Jahren: schau hier auch gerne in mein YouTube-Video, wie man das macht https://www.youtube.com/watch?v=-WniclTc_dE
- Mammographie-Screening (Mammographie = eine Röntgenuntersuchung beider Brüste in 2 verschiedenen Ebenen, also je Brust 2 Aufnahmen) zwischen 50 bis 69 Jahren alle 2 Jahre
Gut zu wissen:
Der Brust-Ultraschall ist keine Untersuchung der gesetzlichen Früherkennung. Nahezu alle Gynäkolog|innen bieten ihn aber als sogenannte individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) für Selbstzahler an. Die Kosten liegen in der Regel inklusive einer Beratung bei 26 bis 60 Euro.
Für wen ist das sinnvoll? Wenn du 40 Jahre oder älter bist, kein erhöhtes Brustkrebsrisiko hast und die Kosten für die Untersuchung für dich gut stemmbar sind, dann kann es eine gute Idee sein, einmal pro Jahr einen Brust-Ultraschall durchführen zu lassen.
Warum gehört es dann nicht zur Früherkennung? Bislang gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg, dass durch regelmäßige Ultraschalluntersuchungen der Brust weniger Frauen an Brustkrebs sterben. Deshalb werden die Kosten (noch) nicht übernommen. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) fordert aber, die Ultraschall-Untersuchung zur Früherkennung einzusetzen. Nachteil des Ultraschalls ist, dass vermehrt Befunde entdeckt werden, die dann weiter abgeklärt werden müssen und sich am Ende als unauffällig herausstellen. Es kann also zu „unnötigen“ Interventionen wie beispielsweise einer Biopsie mit ihren entsprechenden Risiken und Nebenwirkungen kommen.
Genetisches Risiko und wer ein erhöhtes Risiko und somit Anspruch auf intensivierte Vorsorge hat
Alles eben Gesagte bezieht sich auf Frauen, ohne besonderes bzw. erhöhtes Risiko an Brustkrebs zu erkranken. Nun hast du aber vielleicht schon einmal davon gehört, dass es eine Gruppe Frauen gibt, die ein erhöhtes (genetisches) Brustkrebsrisiko aufweist und deshalb auch eine intensivierte Früherkennung als das oben gezeigte Standardprogramm braucht. In der Praxis erlebe ich häufig, dass es da viele Unsicherheiten und auch Ängste gibt, ob man ein erhöhtes Risiko hat. Dazu kommt oft Unzufriedenheit, dass der beispielsweise gewünschte Ultraschall nicht von der Krankenkasse übernommen wird.
Deshalb versuche ich heute zu erklären, wie ich vorgehe und eine Risikoeinschätzung der Patientin, die vor mir sitzt, mache. Dazu macht es Sinn, sich erst einmal anzuschauen, welche nicht beeinflussbaren Risikofaktoren, die ich bei meiner Arbeit im Hinterkopf habe, gibt:
- Höheres Alter
- Erbliche Veranlagung
- Dichtes Brustgewebe
- Bestimmte Veränderungen des Brustdrüsengewebes
- Eine frühe Strahlentherapie des Brustkorbes
- Diabetes mellitus Typ 2
- Hormonelle Faktoren
Beim Punkt erbliche Veranlagung schauen wir nochmal genauer hin, denn rund 30% aller Frauen mit Brustkrebs in Deutschland weisen eine familiäre Belastung auf. Bei rund 25% dieser Frauen kann dann eine Mutation in einem der bekannten Hochrisikogene BRCA1 oder BRCA2 nachgewiesen werden. Hier die komplette Empfehlung vom Deutschen Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs zu teilen, würde den Rahmen sprengen. Ihr könnt das aber hier (https://www.uniklinikum-leipzig.de/einrichtungen/zentrum-familiaerer-brustkrebs/einschlusskriterien) nachlesen. Beispiele aus der Liste sind mindestens 3 an Brustkrebs erkrankte Frauen in einer Linie der Familie oder mindestens 1 an Brustkrebs erkrankte Frau mit 35 Jahren oder jünger.
Ihr seht also, dass es klare Richtlinien gibt, darüber, wer in eine Hochrisiko-Gruppe gehört und deshalb eine intensivierte Vorsorge benötigt. Wie das im Einzelfall aussieht, ergibt sich aus den individuellen Faktoren (individuelle Familiengeschichte und genetische Untersuchungen), die die Patientin mitbringt. Die Untersuchungen können von einer monatlichen Selbstuntersuchung über Ultraschall bis zu Mammographie oder einer Kernspinuntersuchung der Brust reichen. Diese Früherkennung von Frauen mit nachgewiesenem BRCA1/2-Gen erfolgt in der Regel in darauf spezialisierten Zentren, die spezielle Verträge mit den Krankenkassen geschlossen haben, sodass die Kostenübernahme gesichert ist.
Was du tun kannst, um dein Risiko an Brustkrebs zu erkranken, zu senken:
Puh, das war jetzt schwer verdaulicher Stoff. Zum Abschluss möchte ich deshalb noch ein paar Empfehlungen, die vermutlich wenig überraschend sind, mit dir teilen. Hier kommt, was du selbst tun kannst, um dein Risiko an Brustkrebs zu erkranken, zu senken:
- Auf Alkohol verzichten oder den Konsum auf maximal ein Getränk pro Tag eingrenzen
- Nicht rauchen
- Körperliche Aktivität
- Gesundes Körpergewicht
- Gesunde Ernährung
- Bunte Vielfalt an Gemüse, Obst und Vollkornprodukten essen
- Weniger rotes und verarbeitetes Fleisch sowie stark verarbeitete Lebensmittel verzehren
- Auf gezuckerte Getränke verzichten oder den Konsum reduzieren
Quellen:
Dr. med. Konstantin Wagner
Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.
Im Kontakt mit meinen Patientinnen wurde mir bewusst, wie schwer es medizinischen Laien oft fällt, echte Fachinformationen von Mythen und Internet-Panikmache zu unterscheiden. Ich habe es mir daher zur Aufgabe gemacht, fundiertes Wissen zu meinen Fachgebieten zur Verfügung zu stellen – in verschiedensten Formaten sowie auf nachvollziehbare und kurzweilige Weise.