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von Dr. med. Konstantin Wagner

12.04.2020

Die AMBULANTE GEBURT - guter Mittelweg.

Ge­ra­de in die­sen Co­ro­na Zei­ten den­ken im­mer mehr Frau­en dar­über nach den Auf­ent­halt in Kli­nik oder Kran­ken­haus so kurz wie mög­lich zu ge­stal­ten. Eine am­bu­lan­te Ge­burt ist hier ge­ge­be­nen­falls eine op­ti­ma­le Lö­sung zwi­schen Si­cher­heit und Wohl­fühl­fak­tor. In die­sem Ar­ti­kel be­spre­chen wir ob die­ser Ge­dan­ke be­züg­lich Hos­pi­ta­li­sie­rung, also Kran­ken­haus­auf­ent­halt und der Ge­fahr sich mit CO­VID an­zu­ste­cken über­haupt Sinn macht, wir be­spre­chen für wen eine am­bu­lan­te Ge­burt in Fra­ge kommt und was für Vor­aus­set­zun­gen ge­ge­ben sein müs­sen. Und über­haupt: Was ist eine am­bu­lan­te Ge­burt?

Ist eine sta­tio­nä­re Auf­nah­me ge­fähr­li­cher?

Den ers­ten Punkt kön­nen wir recht schnell klä­ren: Co­ro­na Vi­ren - un­ab­hän­gig von die­sem ak­tu­el­len Stamm - sind nos­o­ko­mia­le Vi­ren. Über­setzt: sie lie­ben es sich in Kli­ni­ken und Kran­ken­häu­sern zu ver­brei­ten. Je län­ger man sich dem­nach in der Wohl­fühl- Oase der Vi­ren be­fin­det, des­to hö­her das Ri­si­ko sich zu in­fi­zie­ren. Die­ses Ri­si­ko hängt na­tür­lich aber auch im­mer mit der in­di­vi­du­el­len Hy­gie­ne zu­sam­men. Fas­se ich zum Bei­spiel eine Tür­klin­ke an, haf­ten un­zäh­li­ge Kei­me an mei­ner Haut. Der in­tak­ten Haut ist das schlicht egal wer oder was auf ihr haf­tet. Da­für wur­de sie ge­schaf­fen. Des­we­gen ist auch das Tra­gen von Hand­schu­hen kei­ne Prä­ven­ti­ons­maß­nah­me, die eine all­um­fas­sen­de Lö­sung ist. Fas­se ich mir nun aber mit der (auch be­hand­schuh­ten) Hand ins Ge­sicht, freu­en sich vie­le der Kei­me. Sie sind am Ziel und kön­nen sich jetzt an uns güt­lich tun. 

Was ist eine am­bu­lan­te Ge­burt?

Eine am­bu­lan­te Ge­burt läuft un­ter dem glei­chen Set­ting ab wie eine "sta­tio­nä­re" Ge­burt. Man hat den glei­chen An­spruch auf das ent­spre­chen­de Per­so­nal und die ent­spre­chen­den Räum­lich­kei­ten. Fast alle Kli­ni­ken bie­ten nach der Ge­burt den Auf­ent­halt auf ei­ner Wöch­ne­rin­nen Sta­ti­on an. Ein biss­chen als läge man im Kran­ken­haus nur mit dem Un­ter­schied, dass man in den meis­ten Fäl­len glück­lich ist und kei­ne Krank­heit hat. Au­ßer­dem ist man im bes­ten Fall nicht al­lein. Hier küm­mern sich Schwes­tern und Heb­am­men und be­ant­wor­ten auf­kom­men­de Fra­gen. Frü­hes­tens 48 Stun­den nach der Ge­burt kann die zwei­te Kin­der­un­ter­su­chung statt­fin­den. Dies pas­siert durch die Kin­der­ärz­te im Kran­ken­haus. Bei ei­ner am­bu­lan­ten Ge­burt sieht man die­sen Ort gar nicht erst. Man geht we­ni­gen Stun­den nach Ge­burt mit Kind nach Hau­se.

Vor­aus­set­zun­gen

Erst ein­mal ist ein Kran­ken­haus kein Ge­fäng­nis. Ihr dürft über euch und euer Kind frei ent­schei­den. Emp­feh­lung für eine am­bu­lan­te Ge­burt gibt es aber den­noch:

Die Ge­burt soll­te mög­lichst kom­pli­ka­ti­ons­los (kei­ne ver­stärk­te Blu­tung, kein hö­her­gra­di­ger Damm­riss etc.) ver­lau­fen sein und ohne Pe­ri­du­ral­an­äs­the­sie (rü­cken­marks­na­he Nar­ko­se).

Eine Wo­chen­bett­be­treu­ung durch eine Heb­am­me soll­te ge­währ­leis­tet sein.

Es soll­te sich auch je­mand um dich, also die Mut­ter küm­mern kön­nen. Part­ner, Mut­ter, Freun­din etc. soll­ten dir bei der Ver­pfle­gung und im Haus­halt hel­fen kön­nen.

Man soll­te sich zeit­nah um ei­nen Kin­der­arzt küm­mern, da man für die U2 Un­ter­su­chung nur bis zu 10 Ta­gen Zeit hat (we­ni­ge ma­chen auch Haus­be­su­che).

Vor­tei­le der am­bu­lan­ten Ge­burt

Du bist schnell wie­der Zu­hau­se! That’s it! Mit all den Vor­tei­len die da­mit zu­sam­men­hän­gen. Du fühlst dich wohl, hast dei­ne ge­wohn­te Um­ge­bung, ge­wohn­te Ge­rü­che. Dein Part­ner kann sich um dich küm­mern, hel­fen, re­den. Für mög­li­che Ge­schwis­ter­chen ist der An­blick von Mama im Kran­ken­haus oft be­drü­ckend und fremd. Zu­hau­se kön­nen sie sich oft mehr öff­nen und freu­en. Au­ßer­dem wur­de nach­ge­wie­sen, dass Milch­ein­schuss und auch das Stil­len zu­hau­se vie­len Frau­en leich­ter fällt.

nach­tei­le der am­bu­lan­ten Ge­burt

Grund­sätz­lich gilt: traust du dir das Fol­gen­de zu, gibt es we­ni­ge Nach­tei­le am­bu­lant zu ent­bin­den.

Zu­nächst ein­mal hat man ei­nen ge­wis­sen or­ga­ni­sa­to­ri­schen Auf­wand. Die U2 Kin­der­un­ter­su­chung steht zwi­schen dem drit­ten und 10. Le­bens­tag des Kin­des an. Hier muss also be­reits vor­her oder recht kurz­fris­tig (was oft mög­lich ist) ein Ter­min beim Kin­der­arzt aus­ge­macht wer­den. Auch eine Heb­am­me für die Nach­sor­ge soll­te or­ga­ni­siert wer­den. Ge­ra­de beim ers­ten, aber auch wenn du schon meh­re­re Kin­der be­kom­men ha­ben soll­test. Jede Schwan­ger­schaft, jede Ge­burt, aber auch je­des Wo­chen­bett kann an­ders ver­lau­fen. Ge­ra­de in den ers­ten Tage mit den nicht sel­te­nen "Still- Start­schwie­rig­kei­ten" soll­te eine pro­fes­sio­nel­le An­sprech­part­ne­rin "drü­ber schau­en kön­nen". Wo­chen­fluss, mög­li­che Damm­ver­let­zun­gen und Wund­hei­lung soll­ten eben­so im Auge be­hal­ten wer­den.

was du heu­te kannst be­sor­gen, dass ...

... ver­schie­be nicht auf "nach der Ge­burt". Be­rei­te dei­nen Part­ner dar­auf vor, dass er si­cher­lich ein paar Bo­ten­gän­ge er­le­di­gen muss. Trotz­dem kann man vie­le Din­ge auch schon vor­be­rei­ten.

Be­sor­ge dir aus­rei­chend gro­ße Bin­den für den Wo­chen­fluss. Auch eine was­ser­dich­te Un­ter­la­ge für die Couch und/ oder das Bett macht Sinn. Zu vie­le Win­deln kann man gar nicht ha­ben. An Spuck­tü­chern man­gelt es im­mer. Kühl­packs und Quark ge­hö­ren in den Kühl­schrank, dei­ne Brüs­te wer­den dir dan­ken. Au­ßer­dem emp­feh­le ich die Be­suchs­zei­ten schon im Vor­feld zu or­ga­ni­sie­ren. Nehmt euch Zeit! Das Kind läuft min­des­tens ein gu­tes Jahr lang nicht weg. Die Tan­te zwei­ten Gra­des kann auch nach 4-5 Wo­chen "Baby gu­cken" kom­men. Fer­tig­es­sen gibt es auch in ge­sund und er­leich­tert den mü­den All­tag bei­der El­tern.

Mei­ne per­sön­li­che Mei­nung zur am­bu­lan­ten Ge­burt ist kein Ge­heim­nis und wird ge­ra­de in die­sen Zei­ten noch be­stärkt. Ich fin­de die Kom­bi­na­ti­on aus pro­fes­sio­nel­ler Be­glei­tung und häus­li­cher Um­ge­bung nach Ge­burt mit ent­spre­chen­der Ver­sor­gung durch Heb­am­me und Kin­der­arzt ziem­lich per­fekt.

Schaut auch ger­ne das Vi­deo zur am­bu­lan­ten Ge­burt.

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Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.