von Dr. med. Konstantin Wagner

01.11.2019

Männer!

Spre­chen wir über Män­ner. Und spre­chen wir über Män­ner im Kreiß­saal. Wir Män­ner sind sehr spe­zi­el­le We­sen. Das liegt dar­an, dass wir be­las­tet sind. Die har­te Schu­le der Evo­lu­ti­on hat uns her­vor­ge­bracht, die mo­der­ne Ge­sell­schaft ge­formt. Die Sym­bio­se der In­stink­te ei­nes Ne­an­der­ta­lers mit den me­tro­se­xu­el­len Ver­hal­tens­wei­sen der Neu­zeit ist wei­ter­hin eine Art Ex­pe­ri­ment. Manch­mal kol­li­die­ren die­se zwei We­sen ei­nes Man­nes. Oft pas­siert das im Kreiß­saal. Ich wur­de neu­lich ge­fragt, ob sich mei­ne Sicht­wei­se auf die wer­den­den Vä­ter ge­än­dert hät­te seit der Ge­burt mei­ner Toch­ter und des Va­ter­sein. Ich habe ge­ant­wor­tet, dass ich mein Herz für die Män­ner neu ge­fun­den habe. Und das ist wahr. Wir ha­ben es nicht im­mer leicht, zu­ge­ben wür­den wir das nie. Be­schwe­ren tun wir uns den­noch.

Wir Män­ner has­sen Kon­troll­ver­lust. Wir has­sen Ver­un­si­che­rung. Wir ste­hen nicht ger­ne nur da­ne­ben. Wir wol­len han­deln kön­nen, im Mit­tel­punkt ste­hen und Weis­heit. Oh, wir lie­ben Weis­heit. Vor al­lem im Al­ter!

Wir ha­ben auch ei­nen Ur­instinkt, ein­ge­brannt in un­se­re Gene. Wir möch­ten für die Her­de sor­gen, sie be­schüt­zen, ih­nen hel­fen. Wenn nö­tig mit dem Ein­satz un­se­rer Ge­sund­heit. Manch har­ter Kerl geht aus Lie­be zu sei­ner Toch­ter bei 8° C und Dau­er­re­gen zwei Stun­den auf den Spiel­platz. Ohne! Re­gen­ja­cke. Ein Teu­fels­kerl. Ehr­lich wahr. Selbst er­lebt!

Der Kreiß­saal ist der In­be­griff der Hilf­lo­sig­keit ei­nes Man­nes. Ver­un­si­chert zu­schau­en wie die Frau Schmer­zen er­trägt, kei­ne Ah­nung ha­ben was ge­ra­de pas­siert und was pas­sie­ren wird. Hilf­los da­ne­ben ste­hen ohne Kon­trol­le über die Si­tua­ti­on. Der Kreiß­saal ist sein per­sön­li­cher Mount Ever­est. Hier kom­men wir an un­se­re Gren­ze. So­wohl der Ne­an­der­ta­ler, als auch un­ser me­tro­se­xu­el­les Ich.

Das ist ge­nau der Mo­ment an dem die oben ge­nann­te ge­schei­ter­te Sym­bio­se zu Tage tritt. Wir Män­ner de­kom­pen­sie­ren. Hilf­lo­sig­keit und Ver­un­si­che­rung brau­chen ein Ven­til. Wir ent­wi­ckeln un­ter­be­wuss­te Stra­te­gi­en um un­se­rer Lage wie­der Herr zu wer­den. Leu­te, ich lie­be die­se Stra­te­gi­en.

Ich durf­te sie so oft be­ob­ach­ten und hier sind mei­ne (na­tür­lich et­was über­spitz­ten) fünf Fa­vo­ri­ten von Typ Mann un­ter Ge­burt. Män­ner, ich lie­be euch!

Der ängst­li­che Mann: hat per­ma­nent ein apo­ka­lyp­ti­sches Sze­na­rio vor Au­gen. Mur­phys Ge­setz ist sei­ne Bi­bel. Er läuft rast­los im Kreiß­saal auf und ab und be­wer­tet CTG und Ge­burts­ver­lauf mi­nu­zi­ös. Er scheut sich auch nicht alle vier Mi­nu­ten ei­nen Ge­burts­hel­fer zur Rate zu zie­hen und sich über den ak­tu­el­len Stand der Din­ge und die Pro­gno­se sei­ner Frau zu er­kun­di­gen.

Der ag­gres­si­ve Mann: Der Hahn hat sei­nen Kamm, der Pfau sei­ne Fe­dern. Er hat Bli­cke und Wor­te. Breit­schult­rig läuft er durch die Flu­re und lässt da­bei Din­ge und Men­schen, die ihm ent­ge­gen­kom­men mit sei­nen Bli­cken in Flam­men auf­ge­hen. „Mei­ne Frau hat Schmer­zen!!“ „Wie lan­ge dau­ert das denn noch?!“ schmet­tert er ei­nem mit sei­ner vi­brie­ren­den Ba­ri­ton­stim­me ent­ge­gen.

Der de­vo­te Mann: Ist zu­meist in ei­ner dunk­len Ecke des Kreiß­saals vor­zu­fin­den. Hier emp­fiehlt es sich sach­te vor­zu­ge­hen und ge­mäch­lich zu spre­chen um ihn nicht un­nö­tig zu ver­schre­cken. Sein rast­lo­ser Blick ist zu­meist auf den Bo­den ge­rich­tet, ein ab­rup­ter ver­un­si­cher­ter Blick zur Liebs­ten gibt ihm im se­kun­den­bruch­teil alle nö­ti­ge In­for­ma­tio­nen über das Wohl­erge­hen sei­nes Weib­chens be­vor er sich wie­der lei­se in die dunk­le Ecke zu­rück­zieht.

Der coo­le Mann: Ist sich nicht zu scha­de ei­nen un­pas­sen­den Witz nach dem an­de­ren auf sei­ne un­frei­wil­li­gen Hö­rer­schaft ab­zu­feu­ern. Fremd­scham ist sei­ne Wäh­rung. Sor­ge und Angst wer­den ge­konnt im Chau­vi­nis­mus er­tränkt. Die stun­den­lang über­spiel­ten wah­ren Emo­tio­nen äu­ßern sich meist nach Ge­burt des Kin­des in jau­len­dem Ge­heul samt Kol­laps und Lie­bes­be­kun­dun­gen an das ge­sam­te Team.

Der in­for­mier­te Mann: Er ist viel­leicht die ge­lun­ge­ne Sym­bio­se. Er ver­eint alle Stra­te­gi­en. Er ist ängst­lich ge­nug um Re­spekt vor die­sem Wun­der der Ge­burt zu ha­ben, ag­gres­siv ge­nug um sei­ne Frau zu mo­ti­vie­ren und dem be­treu­en­dem Team im­mer wis­sen zu las­sen „Ich pas­se auf!“ ohne laut wer­den zu müs­sen. Cool ge­nug, weil er zu je­der Zeit weiß was pas­siert und pas­sie­ren wird und de­vot ge­nug um sei­ner Frau die Rol­le der Prot­ago­nis­tin zu über­las­sen und sie nach bes­tem Wis­sen zu un­ter­stüt­zen und zu hel­fen.

Erst nach der Ge­burt mei­ner Toch­ter kam ich auf die Idee ei­nen on­line Ge­burts­vor­be­rei­tungs­kurs al­lein für Män­ner zu ma­chen. Erst nach die­ser Ge­burt konn­te ich ver­ste­hen, was auch wir Män­ner durch­ma­chen und wie sehr es hel­fen kann, wenn man in­for­miert ist. Sie gibt Si­cher­heit. Sie nimmt Ängs­te. Aber wir brau­chen es auch di­rekt und kom­pakt. Nicht zu lang und nicht zu kurz. Kom­pri­mier­tes Wis­sen über all die Din­ge rund um Ge­burt. Von der ers­ten Wehe, bis hin zur ers­ten Win­del.

Wir Män­ner sind sehr spe­zi­ell, ge­ben uns oft un­nah­bar und brett­hart. Ei­gent­lich wol­len wir nur Si­cher­heit. Si­cher­heit und Schutz. Für euch!

Zum on­line Kurs für Män­ner.

Zum on­line Kurs für Frau­en.



Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.