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von Dr. med. Konstantin Wagner

24.10.2022

Verhütungsmöglichkeiten für den Mann

Kup­fer- oder Hor­mon-Spi­ra­le, Va­gi­nal­ring, Anti-Baby-Pil­le, Ver­hü­tungs­stäb­chen, Ver­hü­tungs­pflas­ter, De­potsprit­ze, NFP, Schei­den­dia­phrag­ma, Por­tio­kap­pe, che­mi­sche Ver­hü­tungs­me­tho­den, usw.. Für Frau­en gibt es viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten der Ver­hü­tung auf dem Markt, wie du auch im Ar­ti­kel un­se­res Ex­per­ten Dr. med. Kon­stan­tin Wag­ner nach­le­sen bzw. in sei­nem You­Tube Ka­nal nach­schau­en kannst. Wie aber sieht das für Män­ner aus?

Schau­en wir uns zu­sam­men an, wie ein Ver­hü­tungs­mit­tel für den Mann über­haupt wir­ken kann:
  • Auf der einen Seite gibt es die sogenannten Barrieremethoden, das heißt, das Verhütungsmittel verhindert, dass Spermien die Eizelle erreichen können (z. B. Kondom und Vasektomie (=operativer Eingriff zur Durchtrennung der Samenleiter im Hoden))
  • Die zweite Möglichkeit ist, durch Medikamente oder Hilfsmittel die Bildung von Spermien zu beeinflussen bzw. komplett zu verhindern (experimentelle hormonelle und nichthormonelle Methoden)
Bar­rie­re­me­tho­den: Kon­dom und Va­sek­to­mie

Das Kon­dom sam­melt Punk­te durch sei­ne leich­te Ver­füg­bar­keit in Dro­ge­rie, Su­per­markt, Apo­the­ke oder auch aus dem Au­to­ma­ten der Toi­let­te in der Dis­co bei gleich­zei­tig re­la­tiv ge­rin­gen Kos­ten von durch­schnitt­lich 0,50 - 0,60 € pro Kon­dom je nach Pa­ckungs­grö­ße. Zu­dem ist es das ein­zi­ge Ver­hü­tungs­mit­tel, das nicht nur un­ge­woll­te Schwan­ger­schaf­ten ver­hin­dert, son­dern zu­sätz­lich auch noch das Ri­si­ko für Ge­schlechts­krank­hei­ten senkt. Ein Nach­teil des Kon­doms ist, dass die Si­cher­heit der Ver­hü­tung von der rich­ti­gen und zu­ver­läs­si­gen An­wen­dung der An­wen­der*in­nen ab­hän­gig ist. Da­durch er­gibt sich auch der eher mä­ßi­ge Pearl In­dex (=An­zahl der Schwan­ger­schaf­ten pro 100 Frau­en pro Jahr) von 2-12. Für Ei­ni­ge stellt der man­geln­de „Kom­fort“ oder die si­tua­ti­ons­ab­hän­gi­ge Un­ter­bre­chung ei­ner ro­man­ti­schen Si­tua­ti­on ei­nen wei­te­ren Nach­teil dar.

Die Va­sek­to­mie hin­ge­gen ist ein klei­ner ope­ra­ti­ver Ein­griff, bei dem meist am­bu­lant und in ört­li­cher Be­täu­bung die Sa­men­lei­ter auf bei­den Sei­ten mit Hil­fe je­weils ei­nes klei­nen Schnit­tes am Ho­den­sack durch­trennt wer­den. Vor­teil der Me­tho­de ist die hohe Ver­hü­tungs­si­cher­heit (Pearl-In­dex 0,1) und eine ge­rin­ge Rate an Kom­pli­ka­tio­nen nach der Ope­ra­ti­on (sel­ten In­fek­tio­nen, (chro­ni­sche) Schmer­zen nach der Ope­ra­ti­on). Kos­ten­mä­ßig muss für den Ein­griff mit etwa 500 € ge­rech­net wer­den. Män­ner, die sich für die­se Me­tho­de ent­schei­den, soll­ten aber in je­dem Fall be­den­ken, dass eine Wie­der­her­stel­lung der Frucht­bar­keit nicht ga­ran­tiert wer­den kann.

Nun ha­ben wir die bei­den Al­ter­na­ti­ven für den Mann an­ge­schaut. Da kommt zwangs­läu­fig der Ge­dan­ke auf: war das al­les? Da muss doch noch mehr ge­hen. Wir kön­nen sa­gen, ja da geht noch was, aber lei­der nichts, was tat­säch­lich im All­tag von Paa­ren An­wen­dung fin­den kann.

Hor­mo­nel­le Ver­hü­tungs­mit­tel: „Pil­le für den Mann“

Ana­log zur Anti-Baby-Pil­le für die Frau gibt es Be­mü­hun­gen ein hor­mo­nel­les Ver­hü­tungs­mit­tel für Män­ner auf den Markt zu brin­gen. Hier­bei be­dient man sich der Tat­sa­che, dass Tes­to­ste­ron die Aus­schüt­tung von LH (=Lut­ei­ni­sie­ren­des Hor­mon) und FSH (=Fol­li­kel­sti­mu­lie­ren­des Hor­mon) aus der Hirn­an­hangs­drü­se (=Hy­po­phy­se) durch eine so­ge­nann­te ne­ga­ti­ve Rück­kopp­lung un­ter­drückt. LH und FSH wie­der­um sind die Bo­ten­stof­fe, die im Ho­den das Si­gnal für die Pro­duk­ti­on der Sper­mi­en ge­ben. Nied­ri­ge Kon­zen­tra­tio­nen von LH und FSH sor­gen also da­für, dass deut­lich we­ni­ger, bis kei­ne Sper­mi­en pro­du­ziert wer­den.

Durch die An­wen­dung von Tes­to­ste­ron al­lein als wö­chent­li­che oder mo­nat­li­che De­pot-Sprit­ze konn­te al­ler­dings kei­ne voll­stän­di­ge Un­ter­drü­ckung der Sper­mi­en-Pro­duk­ti­on er­reicht wer­den, so­dass auch die Kom­bi­na­ti­on von Tes­to­ste­ron mit ver­schie­de­nen Ges­ta­ge­nen wie zum Bei­spiel Le­von­or­ge­st­rel aus­pro­biert wur­de. Auch hier konn­te kei­ne voll­stän­di­ge Un­ter­drü­ckung der Sper­mi­en­bil­dung und da­mit ent­spre­chen­de Si­cher­heit des Ver­hü­tungs­mit­tels er­reicht wer­den bei zu­dem noch un­be­kann­ten lang­fris­ti­gen Ne­ben­wir­kun­gen, so­dass es bis­lang kei­ne hor­mo­nel­le Ver­hü­tungs­me­tho­de für den Mann gibt. Den­noch zei­gen Um­fra­gen, dass so­wohl Män­ner ein hor­mo­nel­les Ver­hü­tungs­mit­tel an­wen­den als auch Frau­en ih­rem Part­ner ver­trau­en wür­den, es zu ver­wen­den.

Nicht­hor­mo­nel­le me­di­ka­men­tö­se Me­tho­den

Bei den nicht­hor­mo­nel­len Me­tho­den wird der­zeit noch ge­forscht und bis­lang wur­de kei­nes der hier ge­nann­ten Kon­tra­zep­ti­va an Män­nern ge­tes­tet.

Da gibt es bei­spiels­wei­se Ad­ju­din, eine Ver­bin­dung, die die Pro­duk­ti­on von Sper­mi­en im Ho­den blo­ckiert, ohne die Hor­mon­spie­gel von Tes­to­ste­ron, LH oder FSH im Blut zu be­ein­flus­sen. Auch An­sät­ze, die Vit­amin A und sei­ne ak­ti­ve Form die Re­tin­säu­re, die eine Rol­le bei der Sper­mi­en­bil­dung spielt, in den Blick neh­men, sind mög­li­che An­griffs­punk­te für ein nicht-hor­mo­nel­les Ver­hü­tungs­mit­tel.

Blick in die Zu­kunft

Zum Ab­schluss wird es noch­mal rich­tig in­ter­es­sant und in­no­va­tiv, qua­si ein Blick in die Zu­kunft, was kom­men könn­te. Zwei neue Ide­en, die ähn­lich wie die Va­sek­to­mie, al­ler­dings leich­ter wie­der um­kehr­bar, ei­nen Ver­schluss des Sa­men­lei­ters als Wirk­me­cha­nis­mus ha­ben, sind RI­SU­G® (Re­ver­si­ble In­hi­bi­ti­on of Sperm Un­der Gui­d­ance) oder Bimek SLV (auch be­kannt als „the sperm switch“) des deut­schen Tisch­lers Cle­mens Bimek. Ja du hast rich­tig ge­le­sen, Bimek ist ge­lern­ter Tisch­ler.

Bei RI­SU­G® wird ein Po­ly­mer­gel in den Sa­men­lei­ter ge­spritzt, was die­sen ver­schließt, sich aber durch Ein­brin­gen des ent­spre­chen­den Lö­sungs­mit­tels wie­der auf­lö­sen lässt.

Das Bimek SLV ist ein Ven­til in der Grö­ße ei­ner Bü­ro­klam­mer, dass in die Sa­men­lei­ter ein­ge­baut, da­für sor­gen soll, dass Mann mit Hil­fe ei­nes klei­nen am Ho­den­sack er­tast­ba­ren Schal­ters den Fluss von Sper­mi­en in das Eja­ku­lat ein- und aus­schal­ten kann. Als Fun Fact kann hier er­wähnt wer­den, dass Simek bis­her der Ein­zi­ge ist, der sein Ven­til trägt, aber auf der Su­che nach Pro­ban­den für eine Stu­die ist.

Eine wei­te­re in­no­va­ti­ve Idee ist COSO (Con­trace­pi­on So­no­gra­phy), ein klei­nes sty­li­sches Ge­rät, das be­quem zu­hau­se an­wend­bar ist. Es wird ein­fach mit Was­ser be­füllt, die Ho­den hin­ein­ge­legt und an­schlie­ßend der Ul­tra­schall für we­ni­ge Mi­nu­ten ge­star­tet. Der Ul­tra­schall er­zeugt im Ho­den­ge­we­be Tie­fen­wär­me, was bei re­gel­mä­ßi­ger An­wen­dung die Neu­bil­dung von Sper­mi­en tem­po­rär un­ter­drü­cken soll.

Zwei wei­te­re Me­tho­den aus der Ka­te­go­rie der ther­ma­len Ver­hü­tung, die sich ähn­lich wie COSO den Um­stand zu Nut­ze ma­chen, dass die Sper­mi­en­bil­dung eine Tem­pe­ra­tur un­ter­halb der nor­ma­len Kör­per­tem­pe­ra­tur be­nö­tigt, sind der Ther­mo-Slip und der An­dro-Switch-Ring ei­ner Grup­pe aus Frank­reich. Hier­bei trägt der Mann täg­lich für etwa 15 Stun­den ei­nen spe­zi­el­len Slip mit ei­ner Öff­nung an der Vor­der­sei­te, durch die der Pe­nis hin­durch­ge­führt wird bzw. ei­nen Ring, der um den Pe­nis ge­legt wird. Die Ho­den wer­den dann durch vor­sich­ti­ges Zie­hen am Ho­den­sack in die Leis­ten­ka­nä­le ge­scho­ben, was zu ei­ner Er­hö­hung der Tem­pe­ra­tur in den Ho­den um etwa 2 Grad führt. Da­durch kommt es zu ei­ner Hem­mung der Sper­mi­en­bil­dung und ei­ner we­sent­lich ver­rin­ger­ten Kon­zen­tra­ti­on von Sper­mi­en in der Sa­men­flüs­sig­keit.

Al­les in al­lem kann man se­hen, dass es noch viel Raum und Be­darf für Ver­hü­tungs­me­tho­den für den Mann gibt. Schaut auf je­den Fall in das You­Tube Vi­deo un­se­res Ex­per­ten Dr. med. Kon­stan­tin Wag­ner zum The­ma rein, dort gibt es noch mehr In­fos.

Quel­len:

In­sta­gram: @the_­sper­m_s­witch

                   @co­so.con­tracep­ti­on



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Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.