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von Dr. med. Konstantin Wagner

14.01.2019

Vorsorge nervt- Nachsorge quält

Kei­ne Fra­ge, der Be­such beim Frau­en­arzt steht nicht ge­ra­de ganz oben auf der To- Do Lis­te.

Nackt ist pri­vat.

Nackt ge­hört mir.

Nackt ist emo­tio­nal.

Und dann die­se men­schen­un­wür­digs­te al­ler Po­si­tio­nen auf dem men­schen­un­wür­digs­ten al­ler Stüh­le.

Und die­ser gan­ze emo­tio­na­le Auf­wand für ein paar Wat­te­tup­fer in der Schei­de und ein biss­chen auf der Brust rum­drü­cken?

Vor­sor­ge nervt. Oder?

Doch lasst uns den Nerv­fak­tor mit ein paar Fak­ten re­la­ti­vie­ren. Was eure Frau­en­ärz­tin/ euer Frau­en­arzt mit ei­nem Ab­strich un­ter­sucht sind Zel­len eu­res Ge­bär­mut­ter­hal­ses (Zer­vix).

Hier kann Krebs ent­ste­hen, das so­ge­nann­te Zer­vix­kar­zi­nom.

Aber be­vor alle in Pa­nik ver­fal­len. Krebs ent­steht nicht über Nacht. Es ist ein Pro­zess von Jah­ren und vie­len Fak­to­ren auf mo­le­ku­la­rer Ebe­ne. Ge­nau, die be­rühm­te DNS. Sie ist eine em­si­ge Bie­ne, hat viel zu tun, Tag ein, Tag aus. Stän­dig ver­än­dert je­mand oder et­was Din­ge an ih­rer Struk­tur. UV- Strah­lung, Vi­ren, Ni­ko­tin, Che­mi­ka­li­en, Al­ter … all die­se Ba­nau­sen be­neh­men sich wie mo­le­ku­la­ren Ele­fan­ten im mi­kro­sko­pi­schen Por­zel­lan­la­den. Die Fol­ge ist der Zu­sam­men­bruch der Re­pa­ra­tur­me­cha­nis­men. Un­ser Zeit­al­ter wür­de es Bur­nout nen­nen.

Die DNS ver­än­dert sich. Sie baut nun teil­wei­se an­de­re Zel­len. Zel­len, die nicht auf­hö­ren zu wach­sen, die kei­nen Re­spekt vor na­tür­li­chen Gren­zen ha­ben. Kurz­um: Krebs­zel­len.

Die­se ver­än­der­ten Zel­len sind Jah­re vor dem Krebs­sta­di­um am Ge­bär­mut­ter­hals zu fin­den. Wir kön­nen also nicht nur die Spit­ze des Eis­bergs se­hen, son­dern be­reits ver­fol­gen wie der Eis­berg wächst und ihn vor­her ent­fer­nen, be­vor er et­wai­ge Lu­xus­li­ner ver­senkt ...um die Me­ta­pher aus­zu­rei­zen.

Die­se ver­än­der­ten Zel­len kön­nen wir durch die so ge­nann­ten Pap- Ab­stri­che fin­den und ent­spre­chend be­han­deln, be­vor sie zu Krebs wer­den. Pap ist üb­ri­gens die Ab­kür­zung für Pa­pa­ni­co­la­ou. Ein schlau­er Grie­che, der sich die­sen Test hat ein­fal­len las­sen. 

„Ach, Krebs be­kom­men doch nur alte Frau­en und au­ßer­dem ist Ge­bär­mut­ter­hals­krebs doch to­tal sel­ten…“

Das Zer­vix­kar­zi­nom ist der welt­weit zweit­häu­figs­te gy­nä­ko­lo­gi­sche Krebs der Frau (nach dem Mam­ma­kar­zi­nom, also Brust­krebs). Das mitt­le­re Er­kran­kungs­al­ter ist 55. Mag sich für eine 20 jäh­ri­ge viel­leicht alt an­hö­ren, aber so­bald man 55 sind denkt man dar­über viel­leicht an­ders. Vor al­lem wenn ei­nem be­wusst wird, dass man mit 20 dem Krebs hät­te vor­beu­gen kön­nen, wenn man zur Vor­sor­gen ge­gan­gen wäre.

Und schon kommt der er­ho­be­ne Zei­ge­fin­ger vom Dok­tor. Aber man muss sich ein­fach eins vor Au­gen hal­ten. Kein po­ten­zi­el­les Krebs­ge­biet ist so über­sicht­lich und an kaum eins kommt man so „un­kom­pli­ziert“ ran. Ein­fach mal Zel­len aus der Lun­ge ab­strei­chen? Wohl kaum. Schnell mal Zel­len des Darms che­cken. Al­lein der Dick­darm ist 6 Me­ter lang. Viel Spaß mit den gan­zen Wat­te­tup­fern. Brust­ge­we­be? Um­man­telt und ge­schützt von Haut.

Wir re­den also wirk­lich von ei­nem Ge­biet, was „auf dem Weg liegt“ und wel­ches es sich lohnt re­gel­mä­ßig zu che­cken. Po­ten­zi­el­ler Nut­zen: den Eis­berg ver­mei­den. Kos­ten: men­schen­un­wür­di­ge Po­si­ti­on plus Wat­te­tup­fer in der Schei­de.

Ohne in­dok­tri­nie­ren zu wol­len. Jede Frau muss selbst ent­schei­den.

Durch un­se­re re­gel­mä­ßi­gen Vor­sor­gen, die Mög­lich­keit ge­gen ei­nen mög­li­chen mo­le­ku­la­ren Ele­fan­ten, näm­lich HPV (sie­he hier­zu auch den Blog­post zu HPV), imp­fen zu kön­nen ha­ben

wir das Zer­vix­kar­zi­nom et­was zu­rück­ge­drängt. Aber da geht noch mehr, oder?

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Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.