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von Dr. med. Konstantin Wagner

19.05.2020

Chlamydien - GESCHLECHTSKRANKHEIT mit Konsequenz

In die­sem ers­ten Ar­ti­kel über Ge­schlechts­krank­hei­ten geht es um Chla­my­di­en. Ein klei­nes Bak­te­ri­um, wel­ches weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen ha­ben kann was Frucht­bar­keit und Schwan­ger­schaft an­geht.

All­ge­mei­nes:

Vie­le jun­ge Frau­en und Män­ner ha­ben Angst und Sor­ge sich bei Sex eine Ge­schlechts­krank­heit zu­zu­zie­hen. Trip­per, Go­nor­rhö, Krät­ze sind Be­grif­fe und Krank­heits­bil­der, die oft als Bei­spiel ge­nannt wer­den.

STI (se­xu­ell über­trag­ba­re In­fek­tio­nen) wer­den wie vie­le an­de­ren Er­kran­kun­gen des Men­schen durch Vi­ren, Bak­te­ri­en, Pil­ze und Pa­ra­si­ten ver­ur­sacht. Sie wer­den - wie der Name schon sagt - haupt­säch­lich durch Se­xu­al­kon­takt über­tra­gen.

Das Ge­mei­ne ist: häu­fig füh­ren die­se In­fek­tio­nen zu we­nig bis gar kei­nen Be­schwer­den, war­um es schnell zur Wei­ter­ga­be bei wech­seln­den Se­xu­al­part­nern kommt. Oft in­fi­zie­ren sich die Se­xu­al­part­ner im­mer wie­der un­ter­ein­an­der . Es kommt zu ei­nem so ge­nann­ten ping pong Ef­fekt, wes­halb bei fast je­dem STI eine Mit­be­hand­lung des Part­ners/ der Part­ne­rin wich­tig ist.

Au­ßer­dem er­höht sich das Ri­si­ko an wei­te­ren STI zu er­kran­ken (z.B. HIV), wenn man be­reits eine an­de­re Ge­schlechts­krank­heit hat. Und noch ge­mei­ner ist: ei­ni­ge STI kön­nen zu ei­ner UN­FRUCHT­BAR­KEIT oder so­gar das KREBS­RI­SI­KO er­hö­hen, so­dass man sich auch als Teen­ager schon schwer­wie­gend und nach­hal­tig an­ste­cken kann.

Vie­len ist es un­an­ge­nehm eine mög­li­che Ge­schlechts­krank­heit an­zu­spre­chen. War­um?

Vie­le Be­trof­fe­ne sind jun­ge Men­schen, die zum ei­nen nicht of­fen über ihr Sex­le­ben spre­chen wol­len und zum an­de­ren auch gar nicht wis­sen an wen sie sich wen­den sol­len. Ei­ni­ge füh­len sich "dre­ckig" oder "be­schmutzt". Vie­le wol­len die Recht­fer­ti­gung ver­mei­den, dass sie un­ge­schützt Ge­schlechts­ver­kehr hat­ten. Die Kon­se­quenz ist:

"Ich er­zäh­le ein­fach mal nichts da­von". Das kann aber mit­un­ter für das wei­te­re Le­ben sehr ge­fähr­lich sein.

Was sind Chla­my­di­en?

Chla­my­di­en sind Bak­te­ri­en, die eine Viel­zahl von In­fek­tio­nen ver­ur­sa­chen kön­nen. Es gibt un­ter­schied­li­che Un­ter"ar­ten", die ent­we­der Lun­ge, Auge und/ oder Ge­ni­tal­be­reich in­fi­zie­ren kön­nen. Wir wer­den nur über die Ka­te­go­rie, die Ge­schlechts­krank­hei­ten aus­lö­sen. Über­tra­gen wer­den die­se Bak­te­ri­en vor al­lem über un­ge­schütz­ten Va­gi­nal-, Anal- oder Oral­ver­kehr. Die In­fek­ti­on ge­hört zu den häu­figs­ten se­xu­ell über­trag­ba­ren In­fek­tio­nen: Man schätzt, dass in Deutsch­land etwa 5 Pro­zent al­ler se­xu­ell ak­ti­ven Frau­en un­ter 25 Jah­ren mit Chla­my­di­en in­fi­ziert sind. Bei äl­te­ren Frau­en ist die Rate wahr­schein­lich et­was nied­ri­ger. Ähn­lich ist es bei jun­gen Män­nern.

Was ma­chen Chla­my­di­en?

Eine Chla­my­di­en-In­fek­ti­on bleibt oft un­be­merkt: Acht von zehn Frau­en be­mer­ken kei­ne Sym­pto­me. Schmer­zen oder Bren­nen beim Was­ser­las­sen, gelb­li­cher Aus­fluss aus der Schei­de, dif­fu­se Un­ter­leibs­be­schwer­den sind klas­si­sche Sym­pto­me der Frau. Bei Män­nern kann die In­fek­ti­on zu ei­ner Harn­röh­ren­ent­zün­dung mit star­kem Harn­drang und Schmer­zen beim Was­ser­las­sen füh­ren. Eine sel­te­ne Be­son­der­heit sind rechts­sei­ti­ge Ober­bauch- und Schul­ter­schmer­zen, da sich Chla­my­di­en auch an der Le­ber an­sie­deln kön­nen. Dies nennt man Fitz-Hugh-Cur­tis-Syn­drom. Eine wei­te­re schwer­wie­gen­de Kom­pli­ka­ti­on ist das Aus­brei­ten der In­fek­ti­on auf die Ei­lei­ter, wel­che ver­kle­ben und ver­nar­ben kön­nen und so zur Un­frucht­bar­keit füh­ren kön­nen. Auch das Ri­si­ko von Ei­lei­ter­schwan­ger­schaf­ten er­höht sich nach ei­ner In­fek­ti­on mit Chla­my­di­en.

Eine Chla­my­di­en-In­fek­ti­on kann bei der Ge­burt auf den Säug­ling über­tra­gen wer­den.

In der Schwan­ger­schaft kann eine In­fek­ti­on zur Fehl- oder Früh­ge­burt füh­ren. Zwei Drit­tel al­ler Kin­der kön­nen sich bei der Ge­burt eben­falls mit dem Er­re­ger in­fi­zie­ren. Eine Chla­my­di­en-In­fek­ti­on ist bei Neu­ge­bo­re­nen der häu­figs­te Grund für eine Au­gen­ent­zün­dung und für etwa ein Drit­tel der auf­tre­ten­den Lun­gen­ent­zün­dun­gen nach der Ge­burt ver­ant­wort­lich.

Des­halb ist der Chla­my­dien­test über Urin auch in der Mut­ter­schafts­richt­li­nie ver­an­kert. Au­ßer­dem be­zah­len die Kran­ken­kas­sen eben­falls die­sen Test bis zum 25. Le­bens­jahr!

Wie be­mer­ke ich Chla­my­di­en?

Wie be­reits er­wähnt sind sehr oft we­nig bis gar kei­ne Sym­pto­me vor­han­den, wes­halb der Prä­ven­ti­on, also der Ver­hin­de­rung, der grö­ße­re Stel­len­wert zu­ge­spro­chen wird. Ge­ra­de bei wech­seln­den Sex­part­nern soll­te man auf das Kon­dom zu­rück­grei­fen. Denn nicht nur "sie", son­dern vor al­lem "er"(durch sta­tis­tisch mehr und häu­fi­ge­ren Wech­sel der Sex­part­ne­rIn) kann Über­trä­ger sein. Jun­ge Frau­en un­ter 25 soll­te das An­ge­bot der Kran­ken­kas­se nut­zen und sich tes­ten las­sen. Ein­fach ei­nen Ter­min (am bes­ten mor­gens) beim Gy­nä­ko­lo­gen ma­chen und ein paar Mil­li­li­ter Mor­gen- Urin spen­den.

Wie be­han­del ich Chla­my­di­en?

Chla­my­di­en le­ben obil­gat in­tra­zel­lu­lär, was auf deutsch so­viel wie "schwer er­reich­bar" heißt. Ein her­kömm­li­ches An­ti­bio­ti­kum reicht nicht aus, so­dass man auf spe­zi­el­ler An­ti­bio­ti­ka zu­rück­grei­fen muss (Do­xy­cy­clin, Ma­kro­li­de). Die The­ra­pie­emp­feh­lun­gen un­ter­schei­den sich je nach Ort der In­fek­ti­on und ins­be­son­de­re be­züg­lich der The­ra­pie­dau­er. In der Re­gel muss man das An­ti­bio­ti­kum 7- 14 Tage ein­neh­men. Man kann sich vor­stel­len, dass ge­ra­de in der frü­hen Schwan­ger­schaft sol­che Me­di­ka­men­te eher ver­mie­den wer­den soll­ten, was manch­mal aber un­um­gäng­lich ist.

Zu­sam­men­fas­sen­der Steck­brief:

Die Chla­my­dia-tracho­ma­tis-In­fek­ti­on ist eine der häu­figs­ten Ur­sa­chen re­pro­duk­ti­ver Kom­pli­ka­tio­nen und chro­nisch in­fek­tiö­ser Er­kran­kun­gen des klei­nen Be­ckens. Die chro­ni­sche Ent­zün­dung im Be­reich des klei­nen Be­ckens („chro­nic pel­vic in­flammato­ry di­sea­se“) durch Chla­my­dia tracho­ma­tis führt häu­fig zu chro­ni­schem Un­ter­bauch­schmerz, tu­ba­rer Ste­ri­li­tät und Extrau­teringra­vi­di­tät. Etwa 2/3 al­ler Fäl­le tu­ba­rer Ste­ri­li­tät und etwa ⅕ al­ler Fäl­le von Extrau­teringra­vi­di­tät wer­den als Fol­ge ei­ner Chla­my­dia-tracho­ma­tis-In­fek­ti­on an­ge­se­hen.

Er­re­ger: Bak­te­ri­en (Chla­my­dia tracho­ma­tis Se­ro­ty­pen D–K)

Er­kran­kun­gen: In­fek­tio­nen von Ge­bär­mut­ter­hals- und Ei­er­stö­cken („pel­vic in­flammato­ry di­sea­se“), Ent­zün­dung von Harn­röh­re, Ne­ben­ho­den und Pro­sta­ta

Sym­pto­me: Übel rie­chen­der Aus­fluss aus der Schei­de und/oder Harn­röh­re, star­ke Un­ter­bauch­schmer­zen, (Lymph­kno­ten‑)Schwel­lun­gen der Leis­te. Be­son­der­heit: ak­tue Schmer­zen im rech­ten Ober­bauch bis in die Schul­ter zie­hen (Fitz-Hugh-Cur­tis-Syn­drom)

Dia­gnos­tik

Ab­strich ent­zün­de­ter Area­le: Nach­weis von Chla­my­di­en-DNA mit­tels PCR (si­cher)

Zell­kul­tur: schwie­rig, Er­geb­nis frü­hes­tens nach 4 Ta­gen (aber sehr si­cher)

Chla­my­di­en-An­ti­kör­per sind z.B. mit Urin­tests (ELI­SA-Ver­fah­ren) nach­weis­bar → Bei ei­ner aku­ten In­fek­ti­on sind die­se zu­nächst ne­ga­tiv und wer­den erst nach ei­ni­gen Ta­gen po­si­tiv

The­ra­pie: An­ti­bio­ti­kum ( z.B. Do­xy­cy­clin) über 7–20 Tage

Be­son­der­hei­ten: Schwan­ger­schaft: Über­tra­gung ei­ner In­fek­ti­on auf Neu­ge­bo­re­nes mög­lich.

In die­sem Vi­deo gebe ich euch Tipps für den ers­ten Sex.

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Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.